Freitag, 28. Februar 2014

Wie Kinder Geborgenheit erfahren können

... aus unserem Buch "Du bist nie allein"...




Dieser Artikel erschien im Magazin "Das Wesentliche", Nr. 35, Dezember 2013-Januar 2014.

Donnerstag, 27. Februar 2014

Hochsensible Eltern


3 Fragen über hochsensible Elternschaft
Susan Marletta-Hart im Kurz-Interview mit Jennie Appel


Welche Herausforderungen und welche Geschenke gehen für Hochsensible mit der Elternschaft einher?

Susan Marletta-Hart:
Zur ersten Frage möchte ich hervorheben, dass Elternschaft grundsätzlich immer eine sehr herausfordernde Situation für hochsensible Eltern ist. Mütter und Väter, die ein gutes Netzwerk haben und ihre Kinder regelmäßig in die sichere Obhut liebevoller Großeltern oder Freunde oder eine Krippe bringen können, haben es leichter. Je größer und selbstverständlicher das Umfeld von Betreuern ist, desto einfacher haben es die hochsensiblen Eltern in der Regel. Natürlich darf es dann keine Streitereien oder große Uneinigkeit geben, die wiederum belasten würde.
Kinder großzuziehen ist für sensible Eltern um einiges schwerer als für nicht oder weniger Sensible. Der Vater kann sich oftmals leichter zurückziehen, die Mutter eher wenig. Es kostet eine unglaubliche Menge Kraft, Energie und Ausdauer  - vor allem während den ersten Jahren - und die meisten sensiblen Menschen unterschätzen dies und haben diese Kraft und Energie nicht. Rein zeitlich ist das Großziehen schon schwer, wenn dann noch Krankheiten, problematisches Verhalten, Familienprobleme usw. dazu kommen, ist die Belastung oft in einem ungesunden Bereich. Hochsensible müssen sich wirklich regelmäßig zurückziehen, in Stille sein oder etwas allein unternehmen um sich in der eigenen Haut (und im eigenen Haus) wohlzufühlen. 
Die Gesellschaft stellt zusätzliche Herausforderungen an die Eltern und übt einen gewissen Druck aus: Wie sie sich zu verhalten haben, was richtig und angemessen ist und wie „toll“ das Familienleben sein sollte. Hier entstehen hohe Erwartungen und hohe Ansprüche an den „Familienbetrieb“. Das ist natürlich überall so, aber bei hochsensiblen Menschen wird das schnell zu einen Problem. Unter einem ''glücklichen Familienleben''  versteht man tolle Wochenendausflüge, tolle Kinderzimmer, deswegen genug Geld, das heißt Fürsorge & Arbeit kombinieren, nebenbei möchte man auch noch den Freundeskreis, Sport und Hobbys pflegen. Das ist für jede Mutter/Vater eigentlich überfordernd, aber für eine hochsensible Person, die sich gerne mit anderen vergleicht und oft ein niedriges Selbstwertgefühl hat, ist dieser Lebensstil weit entfernt von der Realität. 

Wenn Eltern leiden, so übernehmen dies leider meistens auch die Kinder. Deswegen ist bewusstes Handeln, bewusst die eigenen Grenzen spüren und auch setzen das A und O der hochsensiblen Elternschaft. Das heißt, den Mut zu haben, sich selbst nicht mit anderen zu vergleichen, sondern sich umso mehr gut selbst zu kennen und zu akzeptieren. Dafür braucht es oft einen Lern- & Transformationsprozess, da HSP oft alten Schmerzen und Traumata in eine Beziehung mitbringen.

Die schöne Seite steckt aber oft im Genießen von einfachen kleinen Sachen und den innigen Verhältnissen zwischen Eltern und Kindern. Wenn sensible Eltern nicht aus ihren Verletzungen heraus agieren, sondern aus ihrer Stärke, sind sie durchaus sehr verständnisvolle, einfühlende und liebevolle Eltern. Und wenn die Eltern ihren persönlichen Lebensstil und ihr Lebensglück/ihre Lebensaufgabe gefunden haben und aus diesem Glück und dieser Fülle heraus erziehen, genießen die Kinder oft sehr inspirierende, selbstbewusste Vorbilder. Diese Eltern verstehen, dass Glück mit der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit einhergeht und motivieren ihre Kinder, eigene Antworten zu formulieren und den eigenen Lebensweg voller Stolz und Eigenliebe zu finden. Sie verstehen, dass Freude der Weg ist, und dass es keinen vorbestimmten Weg zur Freude gibt. Sie geben ihren Kindern die Chance, Fehler zu machen und daraus zu lernen, und verstehen, dass Heranwachsen immer ein transformierender Pfad ist. Sie wissen mit ganzem Herzen, dass man Kindern nichts vormachen und man Kinder nicht zurückhalten sollte. Dass Kinder einfach reine Seelen sind, die sich ihre Eltern ausgewählt haben und nicht umgekehrt.


2. Wie wirkt sich das bereits in der Schwangerschaft auf eine hochsensible Frau aus?
Susan Marletta-Hart:
Die Schwangerschaft kann eine sehr freudige Zeit sein, in welcher die Mutter und der Vater spüren dürfen, wie eine Seele inkarniert. Wenn keine beschwerenden Komplikationen vorhanden sind, wird das Warten zu einem wunderbaren Herantasten und Kennenlernen. Doch es kommt auch eine dritte Person in die Paarbeziehung hinein und stellt alles, was bisher bekannt war, auf den Kopf. Die Eltern sollten diese spirituelle Veränderung nicht unterschätzen. Die Vorbereitungszeit ist bei weitem nicht nur das Kaufen von Babysachen und Besuchen von Ärzten. Ein dritter – seelischer - Aspekt kommt dazu, und für das wachsende Bewusstsein braucht man diese neunmonatige Zeit durchaus. Nach der Geburt ist die Paarbeziehung nie mehr wie zuvor und wird es wohl auch nicht mehr sein. Die Frau wird sich zum ersten Mal ihrer Mitte, ihres Schoßes und der Kraft ihres Haras bewusst. Sie entwickelt, wenn alles gut verläuft, ein sehr kräftiges auf den Körper und die eigene Mitte orientiertes Da-Sein. Sie spürt die Energie der Erde, die nährende, ruhende, unterstützende Energie des Weiblichen. Die Mutter findet auch eine neue große Liebe und der Vater sollte sich dafür bereitmachen. Zudem hat er noch eine andere wichtige Aufgabe: nämlich den Kinder die Welt zu erklären und später seinen Sohn beim Übergang in das Erwachsensein zu begleiten. Wir im Westen haben diese Aufgabe der Väter und Männer fast vergessen und Jungs (genauso wie Mädchen) sind deswegen oft verwirrt und desorientiert. Die Welt ist heute äußerst komplex, Jungs brauchen eine sehr klare Orientierung, was sie später dürfen, sollen und besser lassen. Eine moralische Vorbereitung auf das Erwachsensein war traditionell vor allem eine Aufgabe der Männer.



3. Welchen Tipp hast du für die Wahrung der Grenzen und der Erschaffung eines eigenen Raumes, wenn Kinder Aufmerksamkeit „einfordern“? Wie kann dies gesund gelingen - ohne die Kinder vor den Kopf zu stoßen und gleichzeitig ohne selbst auszubrennen?

Susan Marletta-Hart:
Ich habe natürlich viele Tipps, aber der Tipp, der mir am meisten am Herzen liegt, ist, dass hochsensible Eltern sich oft ungenügend bewusst sind, wie sehr sie mit ihren Kindern energetisch verbunden sind. Es heißt, es gibt so etwas wie (unsichtbare) verbindende Fäden und diese Fäden haben große Auswirkungen auf das heranwachsende Kind. Ist die Mutter schlecht gelaunt, wird das Kind unsicher oder schlecht gelaunt sein. Ist die Mutter ängstlich, wird das Kind Angst spüren, ist die Mutter hart, begegnet sie auch der Härte ihrer Kinder.
Wenn Mütter erschöpft ist, sind die Kinder oft quengelig oder herausfordernd. Hochsensible Eltern sind oft erschöpft – die Mutter (der Vater) sollte so früh wie möglich Zeit und Raum für sich selber einräumen und ganz selbstverständlich beanspruchen. Ich habe mit Eltern gesprochen, die mir sagten: ''Ich kann Mittags nicht ausruhen, weil mein Kind nicht schläft.'' Das ist kein Argument, eher eine falsche Sichtweise. Das Kind kann schon im Kleinkindalter verstehen (lernen), dass Mama eine Stunde Ruhe braucht. Das Kind kann ab etwa 2 Jahren durchaus der Mutter (oder dem Vater) Ruhe gönnen. Der Fehler liegt oft darin, dass wir als Erwachsene das nicht glauben bzw. ihnen nicht zutrauen.
Vergleichen Sie es mit dem Autofahren. Darf ein Kind während des Autofahrens die Mutter beanspruchen und ablenken? Nein. So kann man auch zu Hause diese Auszeit verlangen. Hochsensible Eltern müssen lernen sich durchzusetzen. Das heißt aber ohne Emotionen Raum für sich beanspruchen. Man braucht sich nicht als Opfer zu fühlen oder wütend zu werden. Leider passiert genau das noch viel zu oft.
Zuletzt möchte ich noch erwähnen, dass das Einschlafen auch von (unsichtbaren) energetischen Fäden beeinflusst wird. Man lässt das Kind in seinen Armen einschlafen, oder legt sich neben dem Kind zur Ruhe, aber wenn man es dann hinlegt oder aufsteht, erwacht es oft sofort. Wenn die Mutter, der Vater oder Betreuer sich auf energetischer Ebene von dem Kind trennt, wird es viel leichter für das Kind. Es erhält klare, eindeutige Zeichen über die kurze ''Trennung'' und kann ruhig einschlafen. Wenn aber die Mutter oder  der Vater mit seiner energetischen Aufmerksamkeit noch beim Kind ist, spürt das Kind die Verbindung und bleibt wach.

Liebe Susan, danke für das Gespräch!